Warten auf Godot... oder die FED
Bitcoin und das Warten, Gegenwind ist vorprogrammiert, Asset Rush, Lightning versus Visa, Token-Streaming und Krypto in Istanbul
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🟢 Market Update: Warten, bis die Fed dem Bitcoin die Lizenz zum Fliegen erteilt
geschrieben von Pascal Hügli
Ein Blick auf Makro
Das Makro-Umfeld, und damit die Situation für Investoren, ist aktuell so schwierig, wie schon lang nicht mehr. Das behaupten nicht nur wir von Insight DeFi, sondern auch der renommierte Hedge-Fond-Manager Stanley Druckenmiller. Dieser meinte kürzlich, dass das derzeitige Marktumfeld das schwierigste sei, das er in den vergangenen 45 Jahren erlebt habe.
Bitcoin hält sich derzeit tapfer. Nachdem die Kryptowährung die $30k-Grenze nach mehrmaligem Attackieren nicht durchbrechen konnte, hat sich der Preis wieder etwas nach unten korrigiert. Von einem Abfall kann jedoch nicht die Rede sein – noch nicht, würden einige argumentieren.
Denn aktuell glauben professionelle Marktbeobachter, dass es mit den Preisen bald wieder stark abwärts gehen dürfte. Als Argument angeführt wird vor allem die Situation rund um die versiegende Liquidität des TGAs und der bevorstehenden US-Staatsanleihenemission, die beträchtlich Finanzliquidität von den Märkten absaugen dürfte (siehe Liquidity Corner).
Banken am Ursprung einer Misere?
Daneben wird aber auch ins Feld geführt, dass Banken dabei sind, bei der gegenseitigen Kreditvergabe vorsichtiger zu werden. Beweis dafür, sei die jüngste Explosion der Risikoprämie für Interbankenkredite:
Dies wiederum würde sich auf die Vergabe von Bankkrediten auswirken, da sich die Banken in nächster Zeit zunehmend aus der Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen zurückziehen dürften. Die Insolvenzen regionaler Banken in den USA sind in dieser Hinsicht auch nicht gerade hilfreich.
Ein Nächstrundeneffekt in dieser Hinsicht könnte ein allgemeiner Schuldenabbau sein, was bedeuten würde, dass die Gesamtverschuldung zurückgeht. Ist die Verschuldung in unserem kreditbasierten Finanzsystem rückläufig, nimmt auch die “Geldmenge” ab. Ist weniger Geld zum “Arbeiten” da, könnte dies dann mehr Konkurse zur Folge haben und die Rezession vertiefen, die ab einem solchen Zeitpunkt nicht mehr zu leugnen wäre.
Beschäftigungszahlen: Das Zünglein an der Waage
Sollten sich die Dinge wirklich so entwickeln, würden Unternehmensverkleinerungen und Firmenzusammenbrüche schliesslich die Beschäftigungszahlen nach unten ziehen. Erste Anzeichen in dieser Richtung sind denn auch schon zu erkennen. Auch haben sich die Beschäftigungszahlen seit jeher als vorzüglicher Rezessionsindikator erwiesen. Nicht zuletzt deshalb erachtet die US-Notenbank den Beschäftigungsgrad für derart wichtig und macht derzeit ihr weiteres Vorgehen davon abhängig.
“Vorprogrammiert” und vorprogrammiert
Angesichts des sich anbahnenden Sturms sind einige Anleger der Überzeugung, dass Anlagen, allen voran Risiko-Investments wie Kryptoassets, in den nächsten Monaten nochmals unter die Räder kommen werden. Sollte es jedoch tatsächlich so weit kommen und die Wirtschaft arg kontrahieren, wird die US-Notenbank irgendwann eingreifen müssen.
Darauf spekulieren wiederum andere. Und auch der Markt preist solche Szenarien bereits ein. Die Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet mittlerweile, dass die Zinsen im Juni nicht mehr angehoben werden. Und mit jedem weiteren Monat tendieren die Erwartungen sogar dahin, dass wir schon im Herbst Zinssenkungen sehen könnten.
Denn wer alle Zinspausen der US-Notenbank seit 1980 überblickt, der weis: Die Fed hat die Zinsen in der Vergangenheit im Durchschnitt nur knapp 5 Monate auf ihrem Höchststand halten können. Sollte also Mai tatsächlich der Höhepunkt gewesen sein (wir wissen es im Juni), dann beginnt die Uhr zu ticken und im Oktober könnten in der Tat schon Reduktionen anstehen. Es scheint, als wäre der nächste Zentralbanken-induzierte Liquiditätsboost “vorprogrammiert”.
Wenn die US-Notenbank dann auch noch von ihrer QT-Politik wird abweichen müssen, um mit neuer Finanzliquidität die Wirtschaft zusätzlich zu den Zinssenkungen zu reanimieren, werden Risikoanlagen, allen voran Bitcoin, darauf reagieren. Die Kryptowährung ist zu diesem Zeitpunkt dann besonders spannend, weil das im Mai bevorstehende Bitcoin-Halving mit vorprogrammierter Angebotshalbierung dann bereits sehr nahe sein wird. Insbesondere, weil die Bitcoin-Korrelation zu den Aktienmärkten schon heute im Fallen begriffen ist, was nur eines bedeuten kann: Das Kryptoasset wartet auf den Tag, an dem es aufgrund der makroökonomischen Gegebenheiten wieder zu einem epischen Run ansetzen kann.
News aus der Kryptowelt: BRC-20 ebnet den Weg für Assets auf Bitcoin
BRC-20 Token sind der letzte Schrei. Basierend auf dem Ordinal-Protokoll hat ein Entwickler namens Domo die Möglichkeit geschaffen, fungible Token auf der Bitcoin-Blockchain zu schaffen.
Indem gewissen Satoshis (Sats) beliebige Informationen zugeordnet werden können, lassen sich so die BRC-20 Tokens erstellen (mehr dazu in unserem Video-Market-Update vom April). Bis dato existieren auf der Bitcoin-Blockchain vor allem Meme-Token, die vor allem von Spekulanten ausgeschlachtet werden. Das eigentliche Potenzial dieser Bitcoin-Token ist jedoch nicht zu unterschätzen. Dieser Überzeugung ist auch Lightning Labs. Die Firma hat deshalb vor kurzen eine bessere Version für die Lancierung von Vermögenswerten aller Art auf Bitcoin lanciert.
Das unter dem Namen Taro gestartete Projekt wurde von Lightning Labs nun auf “Taproot Assets” umgetauft. Diese Lösung befindet sich derzeit noch auf dem Testnet, doch würde die Version bereits alle Funktionalität besitzen, um Stablecoins auf der Bitcoin-Blockchain zu lancieren.
Ist Tether das neue MicroStrategy?
Apropos Stablecoins, der grösste US-Dollar Stablecoin Tether, sprich die Firma dahinter, hat ankündigt, zukünftig regelmässig bis zu 15 % ihrer realisierten Gewinne aus Investitionen für den Kauf von BTC verwenden und die Token dem Reserveüberschuss hinzufügen zu wollen.
Im ersten Quartal dieses Jahres verzeichnete Tether einen Rekord-Nettogewinn von 1,48 Milliarden Dollar. Damit fuhr die Firma höhere Q1-Gewinne ein als Firmen wie Netflix, Paypal, Starbucks oder Cash App – eine Tatsache, die wohl auch den steigenden Zinsen geschuldet sein dürfte, da Tether als Stablecoin vor allem auch zinstragende Papiere auf seinen Büchern hält.
Jetzt spekulieren einige bereits, dass Tether das neue MicroStrategy sein könnte. Die börsenkotierte Firma hat mit ihren repetitiven Käufen den Bullenmarkt von 2021 sicherlich mit angeheizt. Könnte Tether mit seinen regelmässigen Käufen wieder eine ähnliche Dynamik auslösen? Kritiker monieren eher, dass wir in der Vergangenheit bereits einmal eine Stablecoin-Foundation hatten, die Bitcoin kaufte – die Luna Foundation Guard (LFG) und das endete ja bekanntlich im Desaster. Vielleicht aber, könnte der Zeitpunkt dieses Mal besser sein. Wir werden es sehen.
Heikle Wallet Situation
Ledger, der wohl grösste Hardware-Hersteller, hat jüngst den Zorn des Internets zu spüren bekommen. Wie sich das geäussert hat, siehst du zum Beispiel hier und hier. Warum der Shitstorm?
Die Firma hat angekündigt, mit ihrem neusten Firmware-Update ein neuer optionaler Dienst einzuführen: Ledger Recover – ein Dienst zu Wiederherstellung von Schlüsseln. Und das funktioniert so: Die Seed-Phrase (also Wiederherstellungsphrase) wird verschlüsselt und in drei Teile zerlegt. Diese Teile werden dann auf verschiedenen (zentralen) Servern gehalten, wovon einer auch bei Ledger steht. Will ein Benutzer seine Kryptos wiederherstellen, weil er seinen Zugangsschlüssel (Seed-Phrase) verloren hat, kann er diesen über die Server beantragen. Dafür gilt es lediglich, die eigene Identität zu bestätigen.
Was nach einem interessanten Dienst klingt, der die Benutzerfreundlichkeit erhöht, hat natürlich zugleich seinen Trade-off in Bezug auf die Sicherheit. Ist der Seed-Phrase nicht nur auf der Hardware-Wallet gespeichert, steigen die Angriffsvektoren. Die Sache hat auch deshalb einen schalen Beigeschmack, weil die persönlichen Daten von Ledger-Nutzern bereits einmal durch einen Hack an die Öffentlichkeit gelangten.
Der Fall ist aber vor allem problematisch, weil es die Firma Ledger mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen scheint. So wurde immer versichert, dass eine Seed-Phrase das persönliche Hardware-Walletgerät eines Nutzers nicht verlassen kann. Nun scheint das mit diesem neuen Update aber dennoch grundsätzlich möglich zu sein.
Wenn Ledger jetzt beteuert, dass die Neuerung nach wie vor keine Back Door ermöglicht, dann ist unsicher, ob man dieser Aussage wirklich trauen kann. Zumal der Ledger-Code für die Hardwallets auch “closed-source” ist, haben Experten von aussen keinen Einblick, was einen höheren Vertrauensbedarf der Nutzer erfordert.
Als langjähriger Ledger-Nutzer weiss man also nicht, ob das neue Feature tatsächlich opt-in ist oder man doch potenziell Opfer eines Missbrauchs werden könnte. Bis nicht alle Fragen geklärt sind, ist daher zu raten, auf gute, alternative Hardwallet-Lösungen auszuweichen. Zu nennen sind hier: Bitbox oder GridPlus.
🟢 Liquidity Corner: Gegenwind ist vorprogrammiert
geschrieben von Pascal Hügli
Ein Blick auf die Zahlen:
Netto-Finanzliquidität in den USA (mit dem Notfall-Kreditprogramm BTFP)
05. Mai (vergangene Newsletter-Ausgabe): $6’089 Milliarden
18. Mai (aktuelle Newsletter-Ausgabe): $6’195 Milliarden
↗️Zunahme von $106 Milliarden
Hier noch heruntergebrochen:
Gesamtbilanz* der US-Notenbank:
03. Mai (vergangene Newsletter-Ausgabe): $8’500 Milliarden
17. Mai (aktuelle Newsletter-Ausgabe): $8’456 Milliarden
↙️Reduktion von $44 Milliarden
Reverse Repo Programme in den USA
05. Mai (vergangene Newsletter-Ausgabe): $2’207 Milliarden
18. Mai (aktuelle Newsletter-Ausgabe): $2’214 Milliarden
↗️Zunahme von $7 Milliarden
US-Treasury General Account (Das “Bankkonto” des US-Staats bei der US-Notenbank)
05. Mai (vergangene Newsletter-Ausgabe): $207 Milliarden
18. Mai (aktuelle Newsletter-Ausgabe): $95 Milliarden
↙️Reduktion von $112 Milliarden
Über die vergangenen zwei Wochen hat die Gesamtliquidität im US-Finanzsystem erneut zugenommen. Während die BTFP-Kredite leicht zugenommen haben, ist es vor allem die Reduktion des TGA, welche Liquidität auf den Markt gespült hat. Alleine am vergangenen Montag (15.5) hat das US-Finanzamt $52 Milliarden von seinem Bankkonto abgezogen und in den Markt transferiert.
Der US-Staat muss derzeit sein Bankkonto derart stark leeren, weil er aktuell seine Schuldenobergrenze erreicht hat und sich, bevor ihm die Politik nicht eine erneute Erlaubnis erteilt hat, nicht weiter verschulden darf.
Bereits in der letzten Ausgabe haben wir erwähnt, dass das Bankkonto des US-Staats bei der US-Notenbank bald aufgebraucht sein wird und damit dieser Liquiditätsbooster wegfallen wird. Jetzt, wo das Geld auszugehen scheint, meldete sich jüngst mit Janet Yellen auch jene Frau zu Wort, die das Geldausgeben zu verantworten hat. So warnte sie davor, dass ein US-Bankrott, die Weltwirtschaft arg erschüttern würde. Umso wichtiger also, dass die US-Politiker zur Einigung finden, und dem Staat wieder die Schuldenaufnahme bewilligen.
Diese Bewilligung, wie immer in der Geschichte, dürfte somit alsbald folgen. Ist die Schuldenobergrenze einmal aufgehoben, wird das US-Finanzministerium bis Dezember Anleihen im Wert von 1 Billion US-Dollar ausgeben. Diese Billion US-Dollar muss von irgendwo kommen. Oder anders gedrückt: Das ist Finanzliquidität, die in Anleihen fliessen (muss) und eben nicht in Risikoanlagen (wie Kryptoassets) fliessen kann…
Liquiditätstechnisch ist für Risikoanlagen also bald ein gewaltiger TGA-Rückenwind vorprogrammiert. Dem könnte durch eine Ausweitung der Bilanz entgegengewirkt werden, das heisst, die US-Notenbank müsste von ihrer QT-Strategie (Quantitative Tightening) abrücken und damit ihre Bilanz wieder ausweiten, was die Liquiditätsbedingungen über diesen Kanal verbessern würden. Die Veränderungen der Fed-Bilanz gilt es daher besonders genau zu verfolgen.
🥳 Triff Insight DeFi am Asset Rush
Das Insight DeFi Team ist zurück in der Schweiz und natürlich schon wieder mitten unter den Kryptoleuten präsent. So auch an der bevorstehenden AssetRush-Veranstaltung am 23. Mai in Zürich.
Natürlich würden wir uns mega freuen, so viele unserer Leser wie möglich einmal live zu treffen und der AssetRush ist hierfür genau der richtige Anlass.
Organisiert wird der Event von GenTwo und es kommen professionelle Anleger und allerlei Pioniere aus der Finanzwelt an diesem Tag zusammen. Die Veranstaltung befindet sich bereits im sechsten Jahr und hat als nationale Veranstaltung sogar globale Reichweite.
Am diesjährigen Event werden sich 15 nationale und internationale innovative Projekte auf der Bühne präsentieren. Zusätzlich wird es jede Menge Zeit fürs Connecten und Networken geben. Und ebenfalls erwähnenswert: Unterstützt wird das Ganze dieses Mal zudem von RealVision, einem Go-to-Place für Makro- und Krypto-Content. Insight DeFi kennt RealVision natürlich bestens, hat man die Firma als Content-Agentur im Krypto-Bereich auch schon tatkräftig unterstützt.
Über diesen Link kannst du dein vergünstigtes Ticket gleich bestellen. See you there!
🟢 Lightning versus Visa: Das musst du wissen!
geschrieben von Sebastian Strub
Das Lightning Netzwerk ist eine Skalierungslösung für die Bitcoin-Blockchain. Um maximale Dezentralität und damit Resistenz für die Nutzer zu gewährleisten, geht das Bitcoin-Protokoll einige Kompromisse ein. So kann die Blockchain nur relativ wenige Transaktionen prozessieren. Lightning löst dieses Problem. Es ermöglicht globale Bitcoin-Zahlungen in Echtzeit für geringe Kosten.
Was ist Lighting?
Das Lightning-Netzwerk besteht aus Kanälen, über die Zahlungen gesendet werden können. Dazu wird eine bestimmte Menge Bitcoin in einer 2-Parteien-Adresse («Multisig») auf der Blockchain gesperrt. Nun können die beiden Parteien untereinander Zahlungen tätigen, ohne die Blockchain zu nutzen. Dennoch sind Lightning-Zahlungen final. Jederzeit kann eine der Parteien den gemeinsamen Account auflösen, indem der letzte Zustand des Kanals auf der Blockchain publiziert wird.
Skalierung erreicht Lightning durch die Möglichkeit, über Knoten zu springen (Routing) und somit Zahlungen von Parteien zu erhalten oder an sie zu tätigen, mit denen kein gemeinsamer Kanal eröffnet wurde. Empfänger und Zahler sind für Knotenpunkte und Aussenstehende nicht bestimmbar, sodass Lightning ein hohes Mass an Privatsphäre gewährleistet.
Das Netzwerk befindet sich in einer noch sehr frühen Phase mit unsicherem Ausgang, jedoch einer Menge Innovation. Es gibt zahlreiche Apps wie Wallet of Satoshi oder Breeze, wo man in Minuten einsteigen kann.
Vorteile von Lightning
Lightning ist die global einzige Zahlungsinfrastruktur, bei der jedermann realistisch eine vollwertige Bank sein kann – also Zahlungen senden, empfangen, vermitteln. Für diese Dienstleistung kann eine Gebühr verlangt werden, die proportional zum eingesetzten Kapital ist. Die geringen Eintrittsbarrieren schaffen einen kompetitiven Markt.
Deshalb ist Lightning gerade für Kleinbeträge sehr attraktiv: Es fallen keinerlei Grundgebühren an. Auch Beträge unter einem Rappen / Cent werden ohne prohibitive Kosten prozessiert.
Ganz im Gegensatz zum bestehenden Finanzsystem. Aufgrund der komplexen Prozesse und involvierten Parteien (siehe Grafik) sind die Gebühren hoch. Kleinbeträge sind unpraktikabel: Man frage mal eine Bäckerin, wie viel sie an zwei verkauften Brötchen verdient. Die Antwort wird ernüchternd sein.
Limitationen
Noch wird Lightning kaum ausserhalb der Bitcoiner Szene genutzt. Die meisten Krypto-Wallets haben es noch nicht einmal angebunden. Wenige Händler akzeptieren es, auch weil sich noch wenige Steuerberater mit Krypto beschäftigt haben. Auf Protokoll-Ebene fehlen noch ein paar Funktionalitäten, aber vor allem gibt es noch zu wenige einfache und sichere Lösungen für Privatpersonen und Unternehmen.
Einfach ausprobieren!
Die gute Nachricht: An all diesen Problemen wird intensiv gearbeitet. Gerade in der Schweiz! Besorgen Sie sich zum Beispiel eine Lightning-Bezahlkarte von Swiss Bitcoin Pay. Besuchen Sie das wunderschöne Lugano und bezahlen Sie das erste Mal in Ihrem Leben digital ohne Intermediäre in vielen Geschäften der Stadt.
Das Start-up Lipa sorgt dafür, dass immer mehr Händler Lightning akzeptieren. Die Hacker der Lnp-Bp Association entwickeln Lösungen, um Stablecoins über Lightning zu versenden und komplexe Smart Contracts über Lightning auszuführen. So könnte Lightning das Rückgrat für ein modernes Open-Finance-Ökosystem bilden:
Zum Autor:
Sebastian Strub ist Business Engineer und Produkt Manager Payments. Seit 2017 unterstützt er Unternehmen im Zahlungsverkehr und im datengetriebenen Produktmanagement. Fasziniert von der Innovation des dezentralen Konsensus, interessieren Sebastian vor allem die Implikationen für das Finanzsystem und den Zahlungsverkehr. Auf seiner Webseite und weiteren Plattformen veröffentlicht er Beiträge zu diesen Themen.
🟢 Drei Probleme, die durch Token-Streaming gelöst werden
geschrieben von Team Sablier
Herkömmliche Gehaltsabrechnungen und das Token-Vesting haben heute vor allem drei Hauptproblemen. In diesem Beitrag werden wir jedes dieser Probleme kurz abstecken und dann erklären, warum Token-Streams eine grossartige Lösung für diese Probleme sind.
Herkömmliche Gehaltsabrechnungs-/Veranlagungslösungen erfordern grossen manuellen Aufwand
Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter bezahlen, das ist ein Fakt des Lebens. Häufig müssen die Zahlungen über einen langen Zeitraum hinweg manuell vorgenommen werden, was den kontinuierlichen Einsatz des Treasury-Management-Teams erfordert. Jeden Monat muss der Leiter der Finanzabteilung eine ganze Reihe von Zahlungen in die Wege leiten, um die Mitarbeiter zu entschädigen. Auch muss eine Unverfallbarkeitserklärung für Mitarbeiter und Investoren stetig bearbeitet werden. Manchmal sind diese Prozesse automatisiert, aber selbst dann sind die Lösungen, die diese Automatisierungen anbieten, gebührenpflichtig, erfordern Zeit für die Einrichtung usw.
Ein solches Prozedere ist zeitaufwändig, fehleranfällig und bietet beiden Seiten ein schlechtes Nutzungserlebnis. Das Unternehmen muss all diese Zeit für die Verwaltung, die Zahlungen usw. aufwenden, während die Empfänger einen Monat, ein Quartal oder manchmal sogar länger auf ihre Entschädigung warten müssen.
Umgekehrt müssen Blockchain-basierte Token-Streams nur einmal eingerichtet werden. Als Unternehmen muss man lediglich die Gesamtlaufzeit eins Streams angeben (ein Monat, ein Jahr oder sogar mehrere Jahre) und das war's – die Zahlung läuft und aufseiten des Unternehmens kann man sich zurücklehnen.
Der Empfänger erhält seine Entschädigung schrittweise über die Zeit: Jede Sekunde wird ein Bruchteil des Geldes gestreamt. Dies ist für beide Parteien von Vorteil. Das Unternehmen muss nur einmal Zeit aufwenden, um alle Zahlungsströme einzurichten. Auf der anderen Seite erhalten die Empfänger die Gelder kontinuierlich, was ihnen die Möglichkeit bietet, auch so gleich auf ihre Finanzen zuzugreifen. Anders ausgedrückt: Man muss nicht mehr bis zum Endes des Monats warten, bis wieder Geld auf dem Konto ist.
Freigabezeitpläne bedeuten einen Schelling Point für Spekulanten
Token-Streaming löst nicht nur viele Probleme bei der Gehaltsabrechnung, sondern bietet auch eine grossartige Lösung für die durch Veröffentlichungszeitpläne verursachten Spekulationsprobleme. In der Spieltheorie ist ein Fokuspunkt (auch Schelling-Punkt genannt) eine Lösung, die Menschen bei fehlender Kommunikation standardmässig wählen. Das heisst, wie von unsichtbarer Hand gesteuert, konvergieren alle zu dieser Lösung.
Bei Token-Vesting ist es nun so, dass diese oftmals ein Datum und damit einen vorhersehbaren Zeitplan haben, bei dem die Token handelbar werden. Kommt dieser Tag, und das ist der Schelling-Punkt, können sich Spekulation darauf vorbereiten und sich dementsprechend positionieren.
Bestimmte Empfänger könnten beispielsweise die Absicht haben, ihre Token loszuwerden, sobald sie sie erhalten. Mittels Blockchain-basierten Token-Streams können solche Konzentrationen an einem Tag vermieden werden. Damit ändern sich die Anreize und Problemen wie dem Token-Dumping kann entgegengewirkt werden.
Fehlende Transparenz bei Direktzahlungen
In Bezug auf Blockchain-Transaktionen ist es heute schwierig, einzelne Zahlungen zusammenzufassen, weshalb es ihnen in der Regel an Transparenz fehlt. Zwar kann jeder die Blockchain prüfen. Anhand einer alten Transaktion auf Etherscan ist es aber schwierig zu ermitteln, an wen sie getätigt wurde, ob sie für die Gehaltsabrechnung oder für die Freigabe von Token bestimmt war. Die Daten sind zwar öffentlich, aber für Laien nur schwer zu interpretieren. Gleichwohl ist es für DAO und die Teilnehmer besonders wichtig, dass sie sehen können, wohin das Geld fliesst und warum.
Diese Probleme treten bei Blockchain-basierten Token-Streaming-Diensten nicht auf. Wenn die Token gestreamt werden, kann jeder den Status eines Streams und alle damit verbundenen Transaktionen jederzeit überblicken.
Dieses Beispiel hier zeigt einen solchen Stream. Wie man sehen kann, existiert ein Stream-Link, der für die Öffentlichkeit freigegeben werden kann, um den Stream zu visualisieren. Ebenfalls existiert ein Etherscan-Link, wenn man den Transaktionsstatus stetig einsehen möchten.
Auch gibt es eine vollständige Transaktionshistorie, sodass jeder sehen kann, wann Abhebungen vorgenommen wurden und welche Beträge die Empfänger von den gestreamten Geldern abgehoben haben. Kurz gesagt: Transparenz ist bei Blockchain-basierten Streaming-Diensten wie Sablier also selbstverständlich.
Was ist Sablier?
Sablier ist ein Token-Streaming-Protokoll, das auf Ethereum, Optimism, Arbitrum, Polygon, Avalanche und BSC verfügbar ist. Es ist das erste seiner Art, das in der DeFi-Welt entwickelt worden ist, und seine Ursprünge gehen auf das Jahr 2019 zurück. Sablier wird heute von Hunderten von DeFi-Organisationen auf der ganzen Welt wie Compound, Shapeshift, Aragon und Astaria verwendet, um Vesting, Gehaltsabrechnungen, Airdrops und vieles mehr abzuwickeln.
Ähnlich wie man einen Film auf Netflix oder einen Song auf Spotify streamen kann, ermöglicht es Sablier jede Sekunde Geld zu streamen. Das kampferprobte Streaming-Protokoll von Sablier erreichte im Jahr 2021 ein kumulatives TVL von 1,5 Milliarden US-Dollar und ist damit das grösste Token-Streaming-Protokoll im Ökosystem.
Ein weiterer bekannter Blockchain-basierter Token-Streaming-Dienst ist Superfluid. Auch hierbei handelt es sich um einen coolen Smart-Contract-Anwendungsfall. In diesem Beitrag wird erklärt, warum das Streaming von Token in Zukunft so wichtig sein wird.
🟢 Krypto in Istanbul: Eine janusköpfige Sache
geschrieben von Pascal Hügli
Auf seiner Reise hat es das Insight DeFi Team kürzlich auch in die Türkei, genauer gesagt, Istanbul verschlagen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil das Land, ähnlich wie Argentinien (Beitrag dazu hier), als Hochinflationsland gilt. So ist die Inflation derzeit zwar im Fallen begriffen, doch ist diese noch immer beträchtlich. Aufgrund dieser Ausgangslage war es unsere Erwartung, dass wir auch in der Türkei ein ähnlich hohes Interesse für Bitcoin und Kryptowährungen vorfinden würden.
In der türkischen Grossstadt, dem früheren byzantinischen Konstantinopel, angekommen, merkte man abgesehen von ein paar Bitcoin- und Krypto-Werbeschaltungen entlang den Strassen erst einmal nichts.
Dass das Interesse an Bitcoin jedoch vorhanden ist, merkte man, als wir in der lokalen Döner-Bude für einen echten türkischen Kebab einkehrten. Noch bevor wir die vorzügliche Speise bestellten, fragten wir beim Kellner nach, ob wir denn auch mit Karte bezahlen könnten. Kurz und bündig meinte er von sich aus: “Bei uns ist alles möglich, Cash, Karte und vor allem auch Bitcoin”. Auf uns wirkte es so, als würde er Bitcoin besonders stark betonen und der Fall zeigte: Kryptowährungen scheinen von manchen gerne als Zahlungsmittel akzeptiert zu werden.
Krypto-Wechselstuben: Eine kryptische Angelegenheit
Wie uns jedoch auffiel, warben die wenigsten Restaurants damit, dass man bei ihnen mit Bitcoin bezahlen könne. Es schien fast so: Auch wenn man als Dienstleister Kryptowährungen entgegennimmt, allzu stark würde man sich damit nicht exponieren wollen.
Umso erstaunlicher war es, als wir im Stadtzentrum rund um und im Grand Bazaar selbst etliche Krypto-Wechselstuben vorfanden. Während man bei einigen jede Menge Kryptocoins kaufen konnte, waren bei den meisten neben Bitcoin auch immer sehr stark der US-Stablecoin Tether in den Schaufenstern abgebildet.
Wie wir uns haben sagen lassen, ist Tether in der Türkei besonders beliebt. Wie auch in Argentinien, sind es hier vor allem die jungen, tech-affinen Generationen, welche ihren als türkische Lira empfangenen Lohn über derartige Wechselstuben in den US-Dollar denominierten Stablecoin wechseln.
Auf uns Westler wirken diese kleinen Tauschläden natürlich schon etwas anrüchig. Wie wir herausfanden, verrechnen die meisten dieser Wechselstuben 1 Prozent Transaktionsgebühren – über den gewählten Wechselkurs, wo man ja bekanntlich auch verdienen kann, fanden wir leider nichts heraus.
Spannend war, dass viele dieser Tauschgeschäfte eine Mindesthandelssumme von ein paar 1’000 Dollar angaben, was uns eher hoch schien. Letztlich wussten wir allerdings nicht, ob derartige Mindestgrenzen nur für Ausländer gelten. Denn wie wir in der Türkei ganz allgemein feststellten: Von Touristen wird sehr gern viel mehr Geld gefordert, egal ob das der Taxi-Fahrer, der Basar-Verkäufer und der Tennisplatz-Betreiber ist.
Rätselhaft war uns zudem, wie diese Krypto-Shops einfach so existieren konnten. Als wir nämlich in der Türkei ankamen und verschiedene Webseiten wie CoinmarketCap oder diejenige der grössten Bitcoin-Börse BitcoinTurk besuchen wollten, blieb uns das verwehrt. Sie waren gesperrt und nur mittels VPN erreichbar (wir nutzen Mullvad). Somit war und ist uns auch heute noch nicht ganz klar, ob Krypto-Buinesses in der Türkei nun illegal sind oder nicht.
Blockchain-Konferenz: Insight DeFi moderiert Panel
Teilgenommen hat Insight DeFi noch an einer Blockchain-Konferenz in Istanbul. Und zwar als Moderator für das Panel: DeFi – Vielversprechende Anwendungsfälle und Risiken. Die Quintessenz der Panel-Diskussion lässt sich wie folgt zusammenfassen: DeFi ist nur Decentralized Finance, wenn die Kerneigenschaften wie Offenheit, Erlaubsnisfreiheit, Zensurresistenz, Atomizität und Programmierbarkeit erhalten bleiben. Auch kann dann wirklich von einer erfolgreichen DeFi-Adoption gesprochen werden, wenn man als Nutzer kaum mehr merkt, dass man mit DeFi-Protokollen interagiert.
Speziell aufgefallen ist an dieser Konferenz auch, dass hier nicht die von Veranstaltungen in der Schweiz oder Deutschland gewohnte Klientel zusammenkommt. Nicht nur waren die in der Halle präsentierenden Projekte sehr auf den unmittelbaren Konsumenten konzentriert (vor allem mittelmässige Gaming-Projekte), auch deren Aufmachung und Banner dürfte in den Augen eines gut konservativen Schweizers etwas anrüchig daherkommen.
Nichtsdestotrotz, der Anlass konnte einmal mehr als horizonterweiternd eingestuft werden, nicht zuletzt aufgrund der vielen Russen und Ukrainer, die derzeit in alle Herren Länder ausströmen, um den bedauerlichen Gegebenheiten in ihrer Heimat zu entkommen. Wie wir in etlichen Gesprächen ermitteln konnten, sind es vor allem die neutralen Kryptowährungen, die ihnen abseits jeglicher Identitäts- und Herkunftsfragen das persönliche Zahlen und Sparen vereinfachen – Dienste, die ihnen herkömmlichen Fiatwährungen gerade in dieser Zeit nur begrenzt bieten können.
Übrigens: Am vergangenen Wochenende gingen die Wahlen in der Türkei über die Bühne. Christoph Bergmann vom BitcoinBlog hat hierzu einen spannenden Artikel zum Thema geschrieben. Er forschte nach, wie die türkischen Politiker zu Bitcoin stehen. Sehr lesenswert.