Insight DeFi: ein Rück- und ein Ausblick
Was hat die Kryptowelt 2022 alles umgetrieben? Und wo geht die Reise im neuen Jahr 2023 hin? Wir fassen für euch alles kompakt zusammen
Let’s gooo 🎢 Was dich heute erwartet:
Kenntnis-Level : 🟢 Einsteiger | 🟡 Fortgeschritten | 🔵 Experte
Rückblick auf 2022🟢
Ausblick auf 2023 🟡
Podcast der Woche 🟢
Research Paper Crypto Thesis for 2023 🔵
Insight DeFi auf Social Media: LinkedIn / Instagram / Twitter / YouTube / Telegram
🟢 Rückblick auf 2022
geschrieben von Daniel Jungen
Das Kryptojahr 2022 war äusserst ereignisreich und hat eine solche Vielzahl unerwarteter Wendungen genommen, dass selbst abgehärtete Kryptoianer ins Staunen kamen.
Die Supercycle-Theorie
Begonnen haben wir das Jahr 2022 mit einem Bitcoin-Preis von $46’311. Dies stellte bereits einen beachtlichen Preissturz dar, denn nur gerade zwei Monate zuvor hatte Bitcoin sein aktuelles Allzeithoch nördlich von $69’000 erreicht. Die Stimmung auf den Kryptomärkten und auf Krypto-Twitter war deshalb eher verhalten, da man sich uneinig war, ob dies nun der Beginn des nächsten Bärenmarktes sei oder doch nur eine vorübergehende Kurskorrektur bevor sich der Supercycle vorsetzen würde. (Im 2021 machte die Theorie des Bitcoin-Supercycles die Runde, welche spekulierte, dass Bitcoin und Kryptoassets aus dem bisherigen Vier-Jahres-Zyklus ausbrechen und sich der Bullenmarkt noch ein bis zwei Jahre weiterziehen würde).
Ich und die Jungs warten auf den Crypto Supercycle, um uns zum Mond zu bringen (um uns reich zu machen)🚀
Die Supercycle-Theorie hat sich jedoch als Luftschloss und Wishful-Thinking erwiesen. Bitcoins Vier-Jahres-Zyklus hat sich wie die vorherigen Male präzise wie eine Schweizer Uhr wiederholt. Seit dem November 2021 haben Bitcoin und mit ihm die allermeisten Kryptoassets gegenüber Fiatwährungen stetig an Wert verloren. Diesen November, nach der Insolvenzanmeldung von FTX, hat BTC den bisherigen Tiefststand dieses Zykluses erreicht, als sein Preis kurzfristig unter die $16’000 Marke gefallen war.
Bitcoin (BTC) Preisentwicklung seit Januar 2022
Prägende Ereignisse im Kryptojahr 2022
Einige Ereignisse und Geschichten des 2022 werden in manch einem Kryptohirn nicht so schnell in Vergessenheit geraten. Anbei ein kurzer Überblick über einige der prägendsten Ereignisse.
Terra Luna Kollaps
Der erste grosse Schockmoment des Jahres erschütterte die Krypto-Community anfangs Mai. Terra Luna und der mit dem Projekt verbundene algorithmische Stablecoin UST sind innerhalb von nur 48 Stunden praktisch wertlos geworden. Mit dem Niedergang des Projektes haben sich geschätze 50-60 Milliarden an Vermögen in Luft aufgelöst. Ein grosse Schwachstelle in den wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen der Kryptowährung Luna und dem Stablecoin UDT hat letztlich zum Zusammenbruch des Projektes geführt. Unser Teammitglied Manuel Jungen hatte in einer Insight DeFi Newsletter-Ausgabe einige Wochen vor dem Ereignis genau vor diesen Gefahren gewarnt (nachzulesen hier).
Im Zuge dieses Ereignisses ist der Bitcoin-Preis innerhalb kurzer Zeit von 40k auf 30k gefallen und hat sich im ganzen 2022 nie mehr von diesem Preissturz erholt.
3AC, Voyager, BlockFi, Celsius
Als Folge des Terra Luna Kollapses (vor allem wegen Investitionen in UST, welche 20% Rendite versprochen haben) sind viele Kryptobanken und Investment-Fonds ins Straucheln geraten und mussten Insolvenz anmelden. Allen vor Three-Arrow-Capital (3AC), der einst hochgeschätzte und gefeierte Krypto Investement Fonds. Auch der beliebte Krypto-Kreditverleiher Celsius musste nur einige Wochen nach dem Terra Luna Kollaps die Abhebung von Kundengeldern “temporär” aussetzen. BlockFi bekam zur gleichen Liquiditätsproblem und musste nach gescheitereten Verhandlungen mit neuen Geldgebern im November ebenfalls die Notbremse ziehen. Heute befinden sich beide Unternehmen im Liquidiationsverfahren.
Schuld am Bankrott sind natürlich immer die Anderen
Ethereum Merge
Nach diesem turbulenten Frühling war die Kryptowelt froh, sich endlich erfeurlicheren Dingen widmen zu können. Der Ethereum Merge, angesetzt auf September, kam immer näher. Die verschiedenen Probeläufe auf den Testnets verliefen alle durchwegs positiv und die Ethereum-Commuity fieberte dem grossen Ereignis mit Freuden entgegen. Auch Insight DeFi hat über den Merge berichtet. Der Ether-Preis hat entsprechend reagiert und ist im Vorfeld des Merge um fast 50% gestiegen.
Der Merge verlief denn auch äusserst erfolgreich und ohne Probleme. Die nächsten Veränderungen für Ethereum stehen aber bereits an (siehe Ausblick 2023). Investitionstechnisch war der Merge ein klassischer “Buy the Rumours, Sell the Facts” Event. Nach erfolgreichem Merge ist der Etherpreis auf Ende Jahr wieder stark gesunken, so dass ein Grossteil der durch den Merge getriebenen ETH Kursgewinne wieder ausradiert wurden.
FTX Desaster
Nach der Insolvenzwelle vieler Kryptobanken im Sommer dachte man, die unlauteren Akteure seien aus dem Markt gewaschen worden. Die drei grossen Gewinner schienen Binance, Coinbase und FTX zu sein, welche den Terra Luna Sturm ohne grössere Probleme gemeistert zu haben schienen.
Doch der Schein trügte. Anfang November begannen sich auf Twitter Gerüchte über finanzielle Probleme bei FTX zu häufen. Diese Gerüchte lösten einen Bankrun aus und zwangen FTX, die Abhebung von Kundengeldern “temporär” zu pausieren. Innerhalb nur weniger Tage war der Gigant FTX gefallen, musste Insolvenz anmelden und riss Millionen von Kunden mit in den Ruin. Unser Teammitglied Manuel Jungen hatte auf dem Insight DeFi Telegram Kanal einige Tage vor dem Kollaps noch gewarnt, man solle sein Geld zur Sicherheit von FTX abziehen. Wir hoffen, damit den einen oder anderen Leser vor grösserem Schaden bewahrt zu haben.
Denn was nach der Insolvenzanmeldung von FTX ans Tageslicht kam, waren grobe Missstände in der Unternehmensführung von FTX und seiner wichtigsten Partnerfirma Alameda Research, die jedem Buchhalter einen kalten Schauer den Rücken hinunter jagen und sogar den Enron-Skandal langweilig aussehen lassen. Der Bitcoinkurse sank als Folge von 20k auf 16k und verharrt seitdem auf diesem Niveau.
Wenn dein Freund auf 210 km/H beschleunigt, während er dir sagt, dass er alle seine Ersparnisse auf FTX hatte.
Insight DeFi Highlights
Als Insight DeFi durften wir dieses Jahr auch einige spannende Dinge erleben. Diese sollen hier nochmals kurz Erwähnung finden.
Interview mit Ricardo Salinas
Im Februar durften wir den Mexikanischen Milliardär und Bitcoin-Enthusiast Ricardo Salinas interviewen. Das Interview findest du hier (Englisch).
Inflation in Argentinien
Unser Teammitglied Pascal Hügli hat in Argentinien hautnah miterlebt, was Inflation im Alltag bedeutet, wie die lokale Bevölkerung damit umgeht und wie Krypto mithilft, die negativen Folgen von Inflation zu mildern. Nochmals lesen kannst du den Artikel hier.
Mining in Paraguay
In Paraguay durften wir dieses Jahr mit eigenen Augen sehen, was es heisst, eine Bitcoin Mining-Farm zu betreiben. Ziemlich eindrücklich. Nachzulesen gibt es die Eindrücke hier.
🟡Ausblick auf 2023
geschrieben von Pascal Hügli
Das Bild einmal mehr mit der freundlichen Genehmigung von Midjourney (KI) erstellt
Wer zurückschaut, sollte seinen Blick stets auch nach vorne richten. Bei Insight DeFi sind wir nach wie vor fest davon überzeugt, dass die allgemeine Entwicklung (technisch und Adoption) bei Bitcoin und Co. auch im Jahr 2023 voranschreiten wird.
Über die vergangenen Festtage haben wir uns denn auch intensiv in die vielen Beiträge eingelesen, die ihren Ausblick fürs neue Jahr skizziert haben. Gepaart mit unseren eigenen Gedanken präsentieren wir an dieser Stelle eine (unvollständige) Auswahl jener Entwicklungen, von denen wir glauben, dass Ihnen im Jahr 2023 eine besondere Bedeutung zukommen wird.
Das makroökonomische Gesamtbild: Alles eine Frage der Finanzliquidität
Zusammengefasst lässt sich sagen: Das Jahr 2022 war geprägt von schwindender Finanzliquidität. Durch den Rückgang derselben innerhalb des globalen Finanzsystems wurden die Vermögenswerte in Mitleidenschaft gezogen – allen voran die Kryptoassets. Die damit einhergehende Verschärfung der finanziellen Bedingungen für Wirtschafts- und Finanzteilnehmer hat zu einem der grössten Vermögensverlust geführt, den wir je erlebt haben.
Wie die Grafik zeigt, hat die Liquidität im wichtigsten Finanz- und Wirtschaftsraum, demjenigen der USA, im Jahr 2022 abgenommen. Quelle: Tradingview.com
Genau das hat die US-Notenbank angestrebt. Die Zinsen wurden mehrmals angehoben, um die Euphorie auf den Märkten und damit auch die galoppierende Inflation in den Griff zu kriegen. Wie es aussieht, dürfte die Inflation tatsächlich ihren aktuellen Höchstpunkt bereits erreicht haben. Daher ist es gut möglich, dass das Narrative im neuen Jahr von Beginn weg nicht mehr von Inflationsängsten, sondern vielmehr von Rezessionsbefürchtungen getrieben sein dürfte.
Mehrere Indikatoren signalisieren denn auch schon einen wirtschaftlichen Abschwung. Verschiedene Marktbeobachter gehen davon aus, dass wir 2023 eine Rezession erleben werden – wie stark diese ausfallen soll, darüber herrscht jedoch Unklarheit.
Aus Sicht der US-Notenbank wird eine mögliche Rezession bewusst in Kauf genommen, ist sie doch das beste Gegenmittel gegen eine hartnäckig hohe Inflation. Die entscheidende Frage ist: Wird eine unerwartet starke Rezession die US-Notenbank zur Umkehr zwingen, so dass sie die Zinsen früher als erwartet senken muss?
Der berühmte-berüchtigte "Fed-Pivot" würde jedenfalls nicht durch einen Sieg über die Inflation verursacht werden, sondern viel eher dadurch, dass die politischen Entscheidungsträger eingreifen müssten, um einen Zusammenbruch des «Systems» abzuwenden.
Wie es kommen wird, weiss niemand. Klar ist allerdings: Bitcoin und andere Kryptoassets werden dann wieder anziehen (und das am stärksten), wenn sich die Liquiditätssituation im globalen Finanzsystem verbessert. Und dies wird früher oder später der Fall sein, wie die untenstehende Grafik zeigt. Als Investor sollte man daher stets ein Augenmerk auf das globale Liquiditätsangebot legen.
Die Liquidität im globalem Finanzsystem bewegt sich in Zyklen – ein Wechselspiel zwischen Ebbe und Flut. Quelle: CrossBorder Capital
Bitcoin: Stablecoins auf Lightning, vertrauensminimiertes Bitcoin-Collateral für DeFi und Bitcoin-Heizung
Für viele ist Bitcoin ein Krypto-Auslaufmodell, auf dem keinerlei Innovation geschieht. Andere sind der Überzeugung, dass Bitcoin als digitales Gold durchaus seine Berechtigung hat, jedoch als Grundlage für ein vertrauensminimiertes Finanzsystem zu wenig flexibel ist.
Bei Insight DeFi erwarten wir, dass sich diese Sichtweise 2023 revidieren wird. So ist die Erwartung, dass Stablecoins im neuen Jahr erstmals auf Bitcoin laufen werden. Das heisst: Stabile Kryptowährungen – allen voran in US-Dollar – werden über das Lightning Netzwerk schnell, günstig und effizient versendet und empfangen werden können. Damit wird Bitcoin den heute oftmals für Stablecoin-Transaktionen verwendeten günstigeren Blockchains BNB und Tron den Rang ablaufen.
Erste Lösungen wie Stablestats oder Neutronpay sind bereits an den Start gegangen. Auch Strike operiert bereits in die Richtung. Spannend ist zudem Taro, eine Bitcoin-Innovation (basierend auf dem RGB-Konzept), welche das Abbilden und Transferieren von beliebigen Vermögenswerten auf Bitcoin und dem Lightning Netzwerk möglich macht. In wenigen Monaten also schon könnten wir USDT und andere Stablecoins über Bitcoin schicken und empfangen.
Ebenfalls konkretisieren werden sich vertrauensminimierte Lösungen, um Bitcoin in DeFi-Applikationen zu nutzen. Hier ist die grosse Herausforderung folgende: Da Bitcoin keine allumfassende Smart-Contract-Fähigkeit auf seiner Basis-Layer-Blockchain kennt, muss Bitcoin auf Zusatzprotokolle wie Sidechains oder andere öffentliche Blockchains transferiert werden. Dieser Transfer geht aktuell in den meisten Fällen nicht ohne zentrale Gegenpartei in Form einer Firma oder einer «Federation», was Gegenparteienrisiken mit sich bringt.
Verschiedene Entwickler arbeiten diesbezüglich an Lösungen. Die bekanntesten haben wir bei Insight DeFi in einem Research Paper untersucht, welches sich hier downloaden lässt. Kurz vor Ende Jahr wurde nun ein neues Konzept vorgestellt, jenes von sBTC. Diese Veröffentlichung zeigt, dass aufseiten Bitcoins mit Hochdruck an dezentralen, vertrauensminimierten Lösungen geforscht und gearbeitet wird, um dereinst eine seriöse und echte Welt der dezentralen Finanzen auf Bitcoin zu ermöglichen.
So arbeitet beispielsweise auch DLC.Link an einer Lösung, die es möglich machen soll, Bitcoin auf vertrauensminimierte Art in Smart-Contracts zu integrieren. Oder anders ausgedrückt: DeFi-Applikationen auf beliebigen Smart-Contract-Blockchains sollen direkt mit der Bitcoin-Basis-Blockchain kommunizieren können, so dass Bitcoin-Nutzer die direkte Kontrolle über ihre Bitcoin nie aufgeben müssen, diese aber gleichwohl in verschiedenen DeFi-Applikationen als Collateral nutzen können.
Die DLC-Technologie bildlich dargestellt. Quelle: DLC.Link
Die etwas Bodenständigeren unter uns dürften fragen: Gibt es auch greifbare Bitcoin-Innovation? Ja, die gibt es. Mit Heatbit ist zum Beispiel eine Firma live gegangen, die Bitcoin-betriebene Heizkörper auf den Markt gebracht hat. Diese konsumentenfreundlichen Bitcoin-Mining-Geräte sind in erster Linie eine elektrische Heizung, die nebenbei aber noch Bitcoin schürft. Natürlich ist so eine Heizung teurer als eine gewöhnliche und es wird sich zeigen, ob hierfür langfristig ein Markt besteht. Die Unternehmer hinter Heatbit jedenfalls haben sich fürs neue Jahr weitere Ziele gesetzt: Unter anderem wollen sie auch Bodenheizungsysteme mit Bitcoin-Minern ausstatten.
Stablecoins: Die Inflation bedingt ein Upgrade
Während es Stablecoin 2023 auf das Bitcoin-Lightning-Netzwerk schaffen werden, dürfte innerhalb des Stablecoin-Bereichs eine neue Token-Art die Runde machen: sogenannte CPI-Token. CPI steht für «Consumer Price Index» also Konsumgüterpreisindex. In einer Spezialausgabe von August 2021 haben wir diesen im Detail beleuchtet.
CPI-Token sind also Token, welche den Konsumgüterpreisindex abbilden und so der Fiat-Inflation entgegenwirken sollen. Wer nämlich einfach Stablecoins hält und mit diesen keine Rendite zu erzielen versucht, sieht sich der Inflation vollends ausgesetzt.
Genau hier setzen CPI-Token an. CPI-Token fungieren letztlich als renditebringende (risikohaftere) Stablecoins, bei denen sich die Rendite im Preisanstieg des Tokens widerspiegelt. Und es ist gut vorstellbar, dass solche 2023 etwas in den Fokus rücken werden. Auch wenn die Inflation im neuen Jahr etwas sinken dürfte, so könnte sie dennoch für die absehbare Zeit verhältnismässig hoch bleiben (4-5%), vor allem dann, wenn die viel angekündigte Deglobalisierung tatsächlich eingesetzt hat.
Ethereum – Staking wird Mainstream
Jetzt, da der Merge geschafft ist, Vitalik und Co. die neue Roadmap präsentiert haben und einer fortschreitenden Zentralisierung auf Validatoren-Stufe bei Ethereum entgegenwirkt werden soll, liegt der Fokus für 2023 auf dem Shanghai-Update. Dieses soll die Abhebungen gestakter Ether ermöglichen und zwar im kommenden Jahr.
Mit diesem Schritt dürften vor allem die Staking-Lösungen nochmals an Attraktivität gewinnen. Denn ist das Update erst beschlossene Sache, wird das Risiko des Ether-Staking drastisch sinken, da man keine Angst mehr haben muss, dass die Abhebungen überhaupt nie gelingen werden. Folglich werden viele bis anhin noch nicht gestakte Ether dann wohl gestakt werden. Davon dürften dezentrale Staking-Lösungen wie Lido oder Rocket Pool profitieren.
Im Vergleich zu anderen öffentlichen Blockchains sind bei Ethereum noch verhältnismässig wenige Coins gestakt. Quelle: Messari
Insbesondere Rocketpool sollte man im Auge behalten. Denn hier braucht man den RPL-Token, um Rocketpool-Nodes zu betreiben und eigenhändig zu staken. Sollte die Nachfrage nach Rocketpools Staking-Lösung also steigen, dürfte sich das auch in RPL-Tokenpreis übersetzen. Natürlich können und wollen wir hier bei Insight DeFi keine Anlageempfehlung geben. Wer das Rocketpool-System jedoch besser verstehen möchte, dem sei dieser Artikel auf Englisch empfohlen.
Und ja, wenn wir schon dabei sind, ein paar Staking-Projekte zu shillen (für die wir weder arbeiten noch investiert sind), dann gilt es auch EigenLayer und DivaLabs zu nennen. Beide stehen in den Startlöchern. Während EigenLayer den Fokus auf Re-Staking hat, und somit Staking-Power mehrfach verwendbar machen will, arbeitet DivaLabs an einer Lösung, die mithelfen soll, das Validatoren-Set bei Ethereum weiter zu dezentralisieren, indem Staking für nicht-technische Normalos wie uns einfacher gemacht werden soll.
DeFi: FTX-Debakel verleiht Flügel
Was die DeFi-Token anbelangt, so waren die vergangenen zwei Jahre ein Desaster. Bei Insight DeFi sind wir verschiedenen DeFi-Token (die Betonung liegt auf den Token, nicht den Protokollen) gegenüber ganz grundsätzlich kritisch eingestellt, da ihnen oftmals die Grundlage fehlt, den durch das Protokolle generierter Wert einzufangen. Im Englischen spricht man hier von Value Creation versus Value Capture.
Und gewiss hat den DeFi-Token auch der Bärenmarkt von 2022 stark zugesetzt, doch selbst im vorangegangen Bullenmarkt haben die meisten von ihnen im Vergleich zu Ether weitaus schlechter abgeschnitten. Den Grund haben wir in einer Ausgabe von September 2021 dargelegt.
Was die DeFi-Protokolle angeht, so dürfte sich 2023 als das Jahr entpuppen, wo sich die Spreu vom Weizen trennt. Was meinen wir damit? Das FTX-Fiasko hat unmissverständlich klar gemacht, warum es DeFi-Protokolle braucht: Zentralisierte System sind und bleiben anfällig. Die Entwicklung hin zu code-basierten Finanzprotokollen ist die richtige.
Doch ist die Sache eben nicht ganz so einfach. So haben die vielen DeFi-Hacks von 2022 gezeigt, dass Smart-Contract-Code anfällig ist und wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen. Doch waren an diesen Hacks nicht nur Code-Fehler Schuld, sondern auch der Umstand, dass sich viele DeFi-Applikationen als dezentral ausgegeben haben, es in Tat und Wahrheit aber nicht waren. Eine wichtige Erkenntnis ist: Wo DeFi draufsteht, ist nicht automatisch DeFi drin.
Es ist also zu hoffen, dass sich über das Jahr 2023 die echten DeFi-Protokolle herauskristallisieren werden und die Industrie überall dort ansetzt, wo es noch Handlungsbedarf gibt: Bessere non-custodial Wallets (Kontoabstraktion oder im Englischen Account Abstraction), dezentralisierte Börsen mit höherer Liquidität und besserer Perfomance, wirklich dezentralisierte Stablecoins, dezentrale Möglichkeiten, Fiat und Krypto zu tauschen, mehr kryptografische Garantien oder Fokus auf sogenannte «Light Clients», die es Nutzern ermöglichen, Laptops und Handys direkt mit öffentlichen Blockchains zu verbinden, ohne dass diese über zentral gehostete Netzwerkknoten von Drittanbietern gehen müssen.
Das sind nur einige der offenen DeFi-Baustellen, es gibt noch viel weitere. Bei Insight DeFi sind wir gleichwohl der Überzeugung, dass diese Herausforderungen gelöst werden können. Natürlich nicht alle im Jahr 2023, doch bietet das neue Jahr einer guter Zeitpunkt, damit anzufangen.
Übrigens: Wer noch nach einer Krypto-/DeFi-/Web3-Startup-Idee sucht, der kann sich von dieser Liste inspirieren lassen.
Tokenisierung: Es geht voran, wenn auch schleppend
Das Thema der Tokenisierung treibt die Blockchain-Märkte schon seit Jahren um. Ein 16 Billion-Marktopportunität soll sie bieten, die Tokenisierung aller möglichen Vermögenswerte. Noch ist von diesem Versprechen aber wenig Realität geworden.
Den Bettel hingeworfen hat die Branche jedoch auch dieses Jahr nicht. So haben vereinzelte Unternehmen Tokenisierungsprojekte vorangetrieben. Etwas Aufwind haben diese vor allem erhalten, als sich der Krypto-Bullenmarkt anfangs 2022 seinem Ende zuneigte. Während die Spekulation rund um DeFi-Token, Yield Farming und NFTs verschiedenen DeFi-Protokoll 2021 gute Einkünfte bescherte, fielen diese Einnahmen weg, als sich der Hype merklich abkühlte. Mit den praktisch über Nacht wegfallenden Einkünften mussten sich DeFi-Protokolle wie MakerDAO oder Aave nach neuen Einnahmequellen Ausschau halten. Die Tokenisierung von realen Vermögenswerten kam da gelegen.
Tokenisierte Vermögenswerte aus der realen Welt machten 57% der Jahreseinkünfte von MakerDAO aus. Quelle: Messari
MakerDAO hat unter anderem auch $500 Millionen in US-Staatsanleihen diversifiziert. Bei der Umsetzung geholfen hat dem DeFi-Protokoll neben einem weiteren Finanzinstitut die Schweizer Krypto-Bank Sygnum.
Damit die Tokenisierung aber wirklich weitverbreitete Form annehmen kann, braucht es vor allem Regulierung und Standardisierung. Auch wird die zunehmende Institutionalisierung der DeFi-Welt dazu führen, dass verschiedene DeFi-Protokolle über einen geregelten Kanal angezapft werden – permissioned DeFi also. Ob das die DeFi-Welt will oder nicht, es wird kommen, was aber nicht heissen muss, dass es für erlaubnisfreie DeFi-Lösungen nicht auch Platz haben wird.
Während die klare Regulierung in Bezug auf DeFi noch aussteht, hat sich eine grosse Herausforderung bei der Tokenisierung von realen Gütern geklärt: Die Frage des Geschäftsmodels. So stellt sich in Bezug auf die Tokenisierung von Rohstoffen wie Edel- oder Industriemetallen stets die Frage: Wie kann der Emittent des Tokens/Tokenisierer des Rohstoffs damit Geld verdienen? Lange lautete die Antwort einfach: Mittels Erhebung von Verwahrungskosten. Ein solches Geschäftsmodell kommt bei den Token-Haltern jedoch nicht gut an, wenn sie fürs Halten von einem Rohstoff über einen Token auch noch zur Kasse gebeten werden. Jetzt, da funktionierende DeFi-Protokolle existieren, sieht die Sache anders aus. Rohstoff-gedeckte Token können als Collateral zur Schaffung von Stablecoins hinterlegt werden, also als Sicherheit für einen DeFi-Kredit genutzt werden. Diese Stablecoins können dann wiederum in verschiedenen DeFi-Protokollen (AMMs) zur Liquiditätsbereitstellung eingesetzt werden und so Liquiditätsanbietergebühren abwerfen. Ein Projekt, das sich dieses Geschäftsmodell zunutze machen will, ist CurioInvest.
Und apropos Regulierung: Das gute Regulierung Wunder wirkt, zeigt das Beispiel Schweiz. Da wurde 2021 die DLT-Vorlage in Schritten verabschiedet. Ein Bestandteil davon ist auch, das Tokenisieren von Aktien zu ermöglichen. Und siehe da: Verschiedene Schweizer Startups wie Aktionariat, Daura oder Arcton stossen in dieses Feld vor. Insbesondere KMUler sollten sich diese Lösungen etwas genauer anschauen.
Skalierung: Der Modularität gehört die Zukunft
Die Skalierbarkeit öffentlicher Blockchain bleibt eines der Krypto-Themen der Stunde. So haben sich 2022 verschiedene Varianten abgezeichnet: EVM-kompatible Blockchains, die auch Rollups wie Arbitrum, Optimism oder zkSync miteinschliessen, sogenannte «App-Chains» im Stil von Cosmos, Avalanche oder Polkadot oder monolithische Blockchains wie Solana, Aptos oder Sui.
Insbesondere das Cosmos-Ökosystem dürfte den Schwung aus dem 2022 auch ins neue Jahr mitnehmen. So scheint die Schaffung einer eigenen, monolithischen App-Chain derzeit die bevorzugte Wahl für viele Blockchain-Anwendungen zu sein. Wir bei Insight DeFi sind jedoch der Überzeugung, dass sich mittel- bis langfristig die modulare Skalierungsweise durchsetzen wird, was bedeutet das EVM Layer-2 Blockchains in Kombination mit spezifischen Layer-3 Chains das Rennen machen werden. L3 Chains bieten nämlich die Möglichkeit wie App-Chains auf bestimmte Anwendungsfälle zugeschnitten zu werden. Gleichzeitig profitieren sie jedoch von Ethereums Basis-Layer-Sicherheit. Das heisst: Die Kombination von Dezentralisierung und Sicherheit auf der Basis-Blockchain mit skalierbaren Allzweck-L2s und Anwendungsspezifischen L3s macht die modulare Herangehensweise besser als monolithische App-Chain-Ökosysteme.
Wenn auch App-Chain-Ökosysteme wie Cosmos oder Polkadot im Jahr 2023 weiter an Zugkraft gewinnen werden, mit der möglichen Lancierung von L3s im Jahr 2023 wird sich das App-Chain-Narrativ jedoch zunehmende von monolithischen zu modularen Ökosystemen hin verändern.
DeSoc – Wenn einem die Daten selbst gehören
Im neuen Jahr weiter in den Fokus rücken wird der Bereich der dezentralen sozialen Medien -kurz auch als DeSoc beschrieben. Mit Lens hatte ein DeSoc-Protokoll dieses Jahr so starken Zuwachs, wie kaum ein anderes Web3-Protokoll. Ein weiteres Ökosystem, das es in dieser Hinsicht auf dem Radar zu haben gilt, ist Farcaster.
Das Lens-Protocol sah sich über das Jahr 2022 einem konstanten Zustrom von Nutzern ausgesetzt. Quelle: Delphi Digital
Die Idee und Hoffnung hinter DeSoc ist eine einfache, aber überaus aufregende: Im Gegensatz zu traditionellen sozialen Netzwerken ist der soziale Graph – also eigentlich das soziale Ich mit allen Online-Beziehungen und Eigenkreationen – eines DeSoc-Protokolls völlig offen und beliebig zusammensetzbar. Jeder Entwickler kann eine App auf der Grundlage eines DeSoc-Sozialgraphen erstellen und mit Anwendungen und Monetarisierungsmodellen experimentieren. Die Nutzer können diese Anwendungen verwenden, müssen aber die Kontrolle über ihren sozialen Graphen nicht aufgeben.
Konkrete bedeutet das: Der heute alles bestimmende Algorithmus, der einem Mitteilungen strikt vorgibt, kann eigenständig ausgewählt und auf die eigene Person angepasst werden. Tagsüber also nur geschäftsrelevante Nachrichten und Posts, während nach Feierabend die Unterhaltungsbeiträge reinkommen sollen. Auch ist man als Nutzer nicht auf Gedeih und Verderb an eine Applikation gebunden. Da der soziale Graph auf einer öffentlichen Blockchain liegt, kann man die eigene Timeline und alle Follower einfach zu einer neuen Applikation mitnehmen.
Wahrscheinlich ist, dass DeSoc 2023 die altbekannten Social-Media-Giganten (noch) nicht ablösen wird. Ihnen gegenüber Boden gutmachen werden die neuen Lösungen jedoch allemal. Und ja, wer keine Blockchain nutzen möchte, sondern von Bitcoiner geförderte Web5-Lösungen ausprobieren möchte, dem sei Nostr zu empfehlen. Es handelt sich dabei um ein dezentrales Protokoll, aber keine Blockchain. Hier eine Benutzungsanleitung auf Englisch dafür.
Dezentrale Infrastrukturprojekte: Nicht zu vernachlässigen!
Was 2022 ebenfalls offensichtlich geworden ist: Dezentrale Software-Lösungen sind wenig dezentral, wenn ihre zugrundeliegenden Hardware-Komponenten zentral gehostet und damit zensuranfällig bleiben.
Bei dezentralen Infrastrukturprojekten geht es vor allem um Dinge wie Dateispeicherungslösungen, drahtloser Internetzugang und Cloud-Computingangebote. Es handelt sich dabei um unabdingbare Bestandteile eines neuen Internets (Web3). Da der Kapitalaufwand hoch ist, stellt die rentable Skalierung solcher Hardware-intensiven Netzwerke eine grosse Herausforderung dar.
Ein Auswahl an dezentralen Infrastrukturprojekten. Messari
Gerade dezentrale Dateispeicherungsmöglichkeiten sind ein Schlüsselstück in der Vervollständigung eines zensurresistenten, offenen Internets. Lösungen wie Filecoin, Sia, IPFS oder Arweave sahen 2022 denn auch eine gewisse Nachfrage. Arweave beispielsweise wurde bei Kriegsausbruch in der Ukraine von den Bürgern beider Nationen verwendet, um Daten zensurresistent abzulegen.
Wie Insight DeFi aus Gründen persönlichen Engagements jedoch weiss, sind die meisten dezentralen Speicherungslösungen heute noch nicht genügend skalierbar, um der Fülle und Leistung eines echten, dezentralen Internets Rechnung tragen zu können. Nicht zuletzt deshalb wird 2023 auch ein Fokus auf der Verbesserung dieser Speicherungssysteme liegen. Wie Insight DeFi weiss, arbeiten mittlerweile sogar ehemalige Lead Architects von Amazon Web Services (AWS) – der derzeit grössten Cloud-Compunting-Plattform der Welt – an solchen neuen dezentralen Speicherungslösungen.
Gaming: ein Neuanfang für das Blockchain-Gaming
Das Thema Web3-Gaming ist ein weiteres Thema, das die vergangenen Jahre in der Krypto-Welt geprägt hat. Während die einen bei Insight DeFi selber begeisterte Gamer sind, haben andere Vertreter im Jahr 2022 bei interessanten Gaming-Projekten wie GameDAO unterstützen dürfen.
Der Play-to-Earn Hype ist so schnell wieder verfolgen wie er gekommen ist. Der entscheidende Faktor für das schnelle Ableben dieser Projekte war die Unfähigkeit der ersten Generation von Blockchain-Spielen, eine nachhaltige Wirtschaft im Spiel und eine Spielerbasis aufzubauen. Die allermeisten «Spieler» haben nicht des Spiels wegen gespielt, dafür waren die Spiele zu banal. Nein, ihnen ging es vor allem ums Geldverdienen.
Gespannt wartet die Blockchain-Welt daher auf das erste AAA-Game. Ein guter Anwärter, dieses Versprechen bald einzulösen, ist Illuvium. Hier kommt das Game-Design auch wirklich als echtes Game daher und könnte somit auch echt Spass machen. Am besten gleich selbst reinschauen:
Dass beim Spielen dieses Games Blockchain-Komponenten eine wichtige Rolle spielen, dürfte der Gamer aber kaum bemerken – was eigentlich genau das Ziel eines jeden Blockchain-basierten Spiels sein sollte. Spannend ist zudem dieses englische Interview, wo die Game-Entwickler hinter Illuvium ihre Gedanken und Beweggründe kundtun.
NFTs: Alle springen auf
Es soll gesagt sein: NFTs bergen 2023 die grösste Chance, die Blockchain-Technologie im Bereich von Markenförderung und Konsumentenloyalität tatsächlich Mainstream werden zu lassen. Denn wie oft haben wir in der Krypto-Welt die Institutionen heraufbeschworen. Nun sind sie da. Zwar nicht jene, die wir erwartet haben, aber doch grosse Namen: Starbucks, Nike, Coca-Cola, NFL, Adidas, Dolce Gabbana und viele weitere – sie alle wollen in der einen oder anderen Form auf NFTs setzen.
Auch die grössten Social-Media-Plattformen sind ebenfalls drauf und dran, NFTs in ihre Plattformen einzubauen. Quelle: Delphi Digital
Die Ankunft dieser grossen Akteure und deren Initiativen im 2023 wird klar machen: Die Ära von NFTs als «Investitionsvehikel» wird weitgehend vorbei sein (abgesehen vom NFT-Kunstmarkt). Doch wird damit die Ära der NFTs als digitale «Verbrauchsgüter» erst recht eingeläutet werden. Mehr und mehr Künstler, Prominente und Sportmarken werden NFTs einführen. Die technische Infrastruktur, um eine solche Entwicklung zu unterstützen, verbessert sich denn auch rapide. No-Code-Plattformen, Token-Gating-Lösungen und Werkzeuge für dynamische NFTs entstehen gerade.
Und gut möglich, dass NFTs in Zukunft auch zum bevorzugten Wrapper und Medium für Social Money und Fan Token werden. Solche könnten dann sogar in einem nächsten Bullenmarkt doch nochmals für horrende Gewinne sorgen und die NFT-Investment-Ära abermals kurz aufleben lassen, denn die Regulierung wird in dieser Hinsicht ganz sicher noch hinterherhinken. Wir können uns also schon auf das «Human IPO», den menschlichen Börsengang unserer Celebrities freuen…
🟢 Podcasts der Woche
Bankless präsentiert in seinem Jahresrückblick (Englisch) die Krypto
Top 5 Besten Momente
Top 5 Schlimmsten Momente
Top 5 Bösewichte
Top 5 Helden
🔵 Research Paper Crypto Thesis for 2023
Die Krypto Researchfirma Messari publiziert jedes Jahr einen detaillierten Ausblick für das kommende Krypto-Jahr. Dieser über hundertseitige Bericht (Englisch) umfasst die verschiedensten Themengebiet innerhalb der Kryptowelt und bietet einen tiefen Einblick in aktuelle und zukünftig relevante Thematiken.
Der Report gewährt jedem Kryptoenthusiasten einen einfach lesbaren, qualitativ hochwertigen Überblick über die Kryptowelt. Wer also wirklich tief in die Kryptowelt eintauchen möchte, dem sei dieser Report wärmstes empfohlen. Gratis herunterladen kannst du ihn hier.